Chaos um neue Gesamtschule: Sozialisten fordern Neustart und personelle Konsequenzen

Chaos um neue Gesamtschule: Sozialisten fordern Neustart und personelle Konsequenzen

“Das Chaos, das die Schulverwaltung unter Beihilfe einer Ratsmehrheit aus SPD, ÖDP und Grünen hin Hinblick auf eine dritte neue Gesamtschule angerichtet hat, ist unentschuldbar. Das gefährdet den dringend notwendigen Bau einer weiteren Gesamtschule”, stellt Sven Hermens, Sprecher der Ratsgruppe der Bottroper Sozialisten, fest. Die Dezernentin sei nach den Ereignissen dieser Woche nicht mehr im Amt zu halten.

In dieser Woche sind schwerwiegende Mängel an dem bisherigen Verfahren bekannt geworden. Laut eines hoch umstrittenen Vorschlags der Schulverwaltung, hinter den sich auch SPD, Grüne und ÖDP gestellt hatten, sollte die neue Gesamtschule nicht in Welheim, sondern an der Passstraße entstehen. Damit sollte ein vermeintlicher “Elternwillen” umgesetzt werden: “Die Verwaltung hat aber sowohl die befragten Eltern, als auch die städtischen Gremien falsch über die notwendige Zustimmungsquote in der Elternbefragung informiert. Anders, als die Verwaltung behauptet hatte, waren für die Einrichtung einer Gesamtschule nicht mindestens 108 Stimmen von Eltern notwendig, sondern nur 100. Wie nun die Bezirksregierung Münster klargestellt hat, hat die Bottroper Schulverwaltung hier mit falschen Zahlen gearbeitet”, stellt Hermens fest. Das bedeutet, dass auch für den Standort Welheim, für den sich 104 Eltern ausgesprochen haben, eine ausreichende Unterstützung vorhanden war.

“Nachdem die Dezernentin und die Schulverwaltung schon bisher alle Register gezogen haben, um eine Ansiedlung in Welheim zu verhindern, kann das kein Zufall sein”, so Hermens. “Wir sind von der Schulverwaltung und der Dezernentin auch systematisch getäuscht worden, was die angeblichen Absprachen mit der Bezirksregierung im Hinblick auf den Schulneubau betrifft. Den angeblich engen Austausch mit der Bezirksregierung hat es so offenkundig nie gegeben, wie wir aus der Niederschrift des Gesprächs der Verwaltung mit der Bezirksregierung erfahren. Dass Frau Alexis-Eifert die Brisanz der Angelegenheit nicht bewusst gewesen sein soll, nachdem es seit Monaten anhaltende Kritik an der Intransparenz und organisatorischen Mängeln des Schulentwicklungsprozesses gegeben hat, ist kaum glaubhaft. Sie ist ihren Aufgaben offensichtlich nicht gewachsen und sollte schnellstmöglich zurücktreten”, verlangt Hermens.

Er erläutert: “Unsere Warnungen vor einem überstürzten, halbgaren Beschluss in der Sache wurden gezielt ignoriert. Jetzt stehen die SPD und die Dezernentin vor einem schulpolitischen Scherbenhaufen, mit schwerwiegenden Folgen für die Kinder in unserer Stadt.”

Für die Bottroper Sozialistinnen und Sozialisten ist das allerdings kein Grund, den Bau einer dritten Gesamtschule abzublasen: “Wir sollten nicht hinter den Konsens zurückfallen, dass es in Bottrop dringend eine neue Schule braucht und dass diese eine Gesamtschule sein muss. Deshalb lehnen wir Versuche von CDU und FDP, den Schulbau ganz zu kippen, entschieden ab.”, betont Hermens und erläutert: “Wir brauchen stattdessen einen ehrlichen Neubeginn des Verfahrens für die Standortwahl auf Grundlage der korrekten Zahlen. Da die Passstraße wegen der Nähe zu den anderen Gesamtschulen und aus verschiedenen anderen Gründen offensichtlich ungeeignet ist, sollte eine neue Elternbefragung nur nach dem Standort Welheim fragen. Der Bottroper Süden hat eine weiterführende Schule verdient und Welheim ist der einzige sinnvolle Standort für die dritte Gesamtschule.

Die Ratsgruppe BOT.Sozial verweist erneut darauf, dass es nicht aussagekräftig ist, Eltern von Zweitklässlern und insbesondere erst vor wenigen Wochen eingeschulter Erstklässler zum Wunsch der weiterführenden Schulform zu befragen. Diese Kritik teilt auch die Bezirksregierung, da für diese Kinder kaum eine zuverlässige Prognose möglich ist. Dennoch ließe die Gesetzeslage in NRW etwas anderes nicht zu. Die Bottroper Sozialisten im Rat halten es für falsch, eine solche unverbindliche Elternumfrage mit extrem geringer Beteiligung für einzelne Standorte stärker zu gewichten, als grundsätzliche schulpolitische Faktoren sowie infrastrukturellen Aspekte wie Baukosten, Verkehr oder Auswirkungen auf den Stadtteil.

Demokratie statt Bürokratie: Strukturentscheidungen nicht von Umfragen und Tabellen abhängig machen!

Wo soll die neue Gesamtschule hin: Neben die beiden Realschulen in der Innenstadt oder auf das Gelände der auslaufenden Hauptschule Welheim?

Vieles muss man dabei beachten: Die Auswirkungen auf den Stadtteil, die Erreichbarkeit, die Kosten, den Elternwillen, die Bauzeit, die Nachhaltigkeit und einiges mehr.

Die Stadtverwaltung und die SPD legen eigenartig viel Wert (55 %) auf eine unverbindliche Umfrage, um die Entscheidung zu treffen. Ob der Bottroper Süden im Stadtteil Welheim gut eine weiterführende Schule gebrauchen könnte, fließt mit gerade einmal 2 % ein. Klimabelange? Gar nicht drin.

Die Schulinfrastruktur wie z.B. Sporthalle, Schwimmbad, Aula, Schulhof usw. macht insgesamt nur 8 % aus. Dabei würde gerade hier der Standort Welheim besonders gut abschneiden. Könnte die Bewertungs-Tabelle einen der Standorte womöglich von vornherein bevorzugen?

Wir finden: Die jetzt beschlossene Bewertungsmatrix setzt die falschen Prioritäten! Und selbst wenn sie vernünftig gewichtet wäre, dürfte sie niemals ein alleiniges Entscheidungsmerkmal sein.

Vor allem steht nämlich diese Frage im Raum: Sollte der Ausschuss noch anders entscheiden können, als die Bewertungsmatrix am Ende vorgibt? Denn dabei handelt es sich ja lediglich um eine Tabelle, die von Beamten mit Punkten ausgefüllt wird, die das Amt errechnet. Einige Parteien und auch die Verwaltung sind der Meinung, dass sich an diese Tabelle gehalten werden soll. Wir finden, eine politische Debatte, die so wichtig ist wie diese, sollte man nicht hinter einer scheinbar total rationalen Wertung verstecken. Erst recht nicht, wenn 55 % dieser Wertung auf einer Umfrage mit wenig sagenden Antworten beruhen.

Der Schulausschuss hat hier eine Abwägung zu treffen, dafür gibt es ihn ja. Diese Tabelle ist für die Entscheidung eine Hilfe. Aber der Ausschuss darf nicht einfach “abnicken”, was auch immer eine Tabelle ausgibt.

Ohnehin haben wir Vertrauen in die Schulverwaltung verloren. Über den ganzen Prozess der Schulentwicklungsplanung sind so viele Anregungen nicht aufgegriffen worden, so viele Unterlagen vergessen worden zu verschicken, dass man meinen könnte, Olaf Scholz wäre ins Bottroper Schulamt eingezogen… Transparenz und Beteiligung gehen anders!

Die Entscheidung über den Schulstandort ist eine politische Abwägung, die nicht exekutiv entschieden werden kann!

Übrigens: Hätten SPD, CDU und Verwaltung schon vor Jahren auf uns gehört, wäre die Hauptschule Welheim schon längst zu einer Gesamtschule ausgebaut worden. Leider sind nicht wir unserer Zeit so weit voraus, sondern die Ratsmehrheit hinkt Jahre hinterher. Jetzt aber mit solchen Methoden „aufzuholen“ und alles aus Dringlichkeit unüberlegt durchpeitschen, hilft sicher nicht, in der Bevölkerung Verständnis für die politischen Entscheidungen aufzubauen.

Schulentwicklungsplanung: Sozialisten kritisieren Intransparenz der Verwaltung scharf

Schulentwicklungsplanung: Sozialisten kritisieren Intransparenz der Verwaltung scharf

Das Chaos in der Schulentwicklungsplanung geht in die nächste Runde. In der Sondersitzung des Schulausschusses am 28. Mai wurde zum einen die Standortfrage für die kommende dritte Gesamtschule diskutiert, als auch ein Input gegeben zur Entwicklung des Berufskollegs und der Förderschulen durch die Firma biregio, die die Schulentwicklungsplanung in Bottrop begleitet.

Sowohl biregio als auch die Schulverwaltung “glänzten” hierbei erneut mit einer Menge an fehlenden und teilweise falschen Informationen.

Schuldezernentin Alexius-Eifert hat es sogar explizit abgelehnt, dem Schulausschuss erst die Informationen über das Berufskolleg zu liefern, bevor der Ausschuss sich damit befassen sollte, dass die Raumbedarfe des Berufskollegs auch erheblichen Einfluss auf die Planungen zur dritten Gesamtschule haben. Auf Antrag von BOT.Sozial hat der Ausschuss die Verwaltung jedoch einstimmig gezwungen, die Reihenfolge zu ändern.

Sowohl Verwaltung als auch biregio haben eindeutig durchblicken lassen, dass die Standortfragen für sie längst geklärt scheinen: Das Berufskolleg könne auf dem bisherigen Raum nicht erweitert werden, ein Neubau werde teuer, also müsse eine Außenstelle in dem Gebäude der Hauptschule Welheim errichtet werden. Die neue Gesamtschule will die Verwaltung offensichtlich an der Passstraße realisieren.

Offenbar hat die Schulverwaltung darüber nicht einmal mit der Schulleitung des Berufskollegs gesprochen, denn diese ließ in der Sitzung wissen, sie halte einen Ausbau am Bestand für möglich hält, zum Beispiel indem ein zweistöckiges Gebäude mit einem vierstöckigen Gebäude ersetzt werden könnte. Dem Ausschuss gegenüber verschwieg die Dezernentin bisher diese Variante.

Dazu Sven Hermens, Mitglied im Schulausschuss für BOT.Sozial: “Die Vorlage der Verwaltung und auch die Äußerungen der Dezernentin in der Presse sollen eindeutig den vorschnellen Eindruck erwecken, der Standort Passstraße sei unbedingt zu bevorzugen. Dass zu diesem Zweck auch offenkundig noch ungeklärte Fragen als feststehende Fakten verkauft werden, irritiert mich doch sehr. Es wird ein Konflikt aufgezeigt, dass sich Berufskolleg und neue Gesamtschule um den Standort Welheim schlagen müssten, während nicht einmal klar ist, wie groß die Bedarfe der Berufsschule sind und ob es überhaupt einen Nebenstandort braucht.”

Zur Standortfrage für die neue Gesamtschule hatten Schulverwaltung und Immobilienverwaltung für die Ausschusssitzung eine umfangreiche Präsentation vorbereitet. Das Problem: Sämtliche Bauskizzen und Kostenberechnungen waren auf der Leinwand völlig unleserlich und für den Ausschuss nicht nachvollziehbar. Die Präsentation wurde jedoch vorher auch nicht an die Ausschussmitglieder verschickt, lag nicht einmal auf den Tischen aus. Zur Begründung führt die Schulverwaltung aus, die Datei der Präsentation sei zu groß gewesen, um sie dem Ratsinformationssystem hinzuzufügen.

Dazu Hermens: “Wir mussten schon viele Ausreden der Schuldezernentin für ihre mangelhafte Informationspolitik in der Schulentwicklungsplanung hören, aber diese Erklärung ist ein herausragend lächerlicher und trauriger Versuch, bewusste Zurückhaltung von Informationen an die demkoratisch gewählten Institutionen zu leugnen. Die Datei hätte man per Mail, per Brief oder Fax verschicken, komprimieren oder auf den Tischen auslegen können. Das wäre gängige Praxis gewesen. Solche Ausreden lassen darauf schließen, dass es sich nicht um einen Fehler, sondern um bewusste Entscheidungen handelt.”

Wegen der vielen fehlenden Informationen, der mangelnden Transparenz und den allgemein zu kurz gehaltenen Vorlagen haben Ausschussmitglieder über Fraktionsgrenzen hinweg die Dezernentin und ihre Schulverwaltung aufgefordert, umfangreiche Zahlen und Fakten spätestens mit den Unterlagen für die nächste Sondersitzung im Juni vorzulegen, einschließlich der fehlenden Präsentationen aus der Mai-Sitzung. Die Bottroper Sozialistinnen und Sozialisten fordern Dezernentin Alexius-Eifert erneut dringend auf, ihre Desinformationshaltung gegenüber den demokratischen Gremien endlich aufzugeben.

Auch die Dringlichkeit, die Alexius-Eifert mittlerweile verlautbaren lässt, irritiert die Ratsgruppe. “Unsere Forderung, in Welheim eine Gesamtschule zu errichten, steht seit so vielen Jahren im Raum, dass ich für diesen selbstverschuldeten Zeitdruck keinerlei Mitleid übrig habe. Das passiert eben, wenn man sinnvolle politische Forderungen bewusst ignoriert”, so Hermens.

Ferner kritisieren die Sozialisten, dass nicht auch eine Variante der neuen Gesamtschule mit zwei kleineren Standorten, jeweils an der Passstraße und in Welheim, wie von uns gefordert, geprüft worden ist. Viele Probleme der einzelnen Flächen könnten sich dadurch lösen, betont Hermens.

Auch in der Frage der Umwandlung der Sekundarschule Kirchhellen schenkt die Verwaltung dem Schulausschuss leider nur eine einzige Seite Erklärung. Das Vorhaben, die Schule zu einer Gesamtschule aufzuwerten, soll nicht weiterverfolgt werden. Als Grundlage dafür nennt die Verwaltung ein einzelnes Gespräch mit der Bezirksregierung, in der mündliche Bedenken geäußert wurden. Mit Fakten hinterlegt Alexius-Eifert diese Bedenken bedauerlicherweise nicht.

Hermens fasst zusammen: “Die Bottroper Sozialistinnen und Sozialisten bekennen sich klar zum allgemeinbildenden, weiterführenden Schulstandort in Welheim und zur Notwendigkeit einer dritten Gesamtschule sowie zur Aufwertung der Sekundarschule Kirchhellen zu einer Gesamtschule. Wir wollen eine inklusive Schulform für alle. Das bedeutet auch den Abbau des ungerechten Förderschulsystems, wozu wir durch die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet sind. Leider hat auch dafür die Verwaltung in Bottrop – genau wie das Land NRW – weder Absicht noch Plan.”