“Wie in einer Bananenrepublik” – Linke Gruppen kritisieren Politik-Verbot beim Stadtfest

“Wie in einer Bananenrepublik” – Linke Gruppen kritisieren Politik-Verbot beim Stadtfest

Die linke Ratsgruppe Bottroper Sozialisten und die Linksjugend kritisieren Stadtfest-Veranstalter Holger Czeranski und Oberbürgermeister Bernd Tischler. Grund: Czeranski erteilte zwei Aktiven in der Fußgängerzone einen Platzverweis wegen des Verteilens von Infomaterial.

“Ein beispielloser Vorgang. Seit vielen Jahren war es gängige Praxis, dass Aktive verschiedener Parteien im Rahmen bei Stadtfesten und anderen Festen in der Innenstadt durch Handverteilung über politische Ziele informieren. Das ist auch keine Sondernutzung und daher genehmigungsfrei”, stellt Niels Holger Schmidt, Sprecher der Ratsgruppe Bottroper Sozialistinnen und Sozialisten, fest. Czeranski verstoße mit seinem Verhalten gegen jeden demokratischen Mindeststandard, stellt Fabian Maikemper, Co-Sprecher der Bottroper Linksjugend und einer der durch Czeranski vom Stadtfest Verwiesenen, fest. “Das ist reine Willkür und völlig indiskutabel.“ Die Frage sei allerdings auch, warum die Stadtverwaltung unter Bernd Tischler überhaupt eine derartige Generalvollmacht vergeben habe.

“Ein wahr gewordener libertärer Albtraum – Private Veranstalter verweisen mobile Wahlkämpfer von öffentlichem Gelände … und das hier in Bottrop”, sagt Marius Hausner, Vertreter der Bottroper Sozialisten im Sozialausschuss und ebenfalls Co-Sprecher der Linksjugend. Der Stadt gingen Profit und private Interessen vor politischer Willensbildung vor der anstehenden Europawahl. 

Bernd Tischler werbe seit Wochen für eine Beteiligung an den Europawahlen, gerade bei jungen Leuten. „Das Vorgehen von Czeranski produziert das glatte Gegenteil”, stellt Maikemper fest.

Aus Sicht von Schmidt ist Czeranskis Verhalten auch Ergebnis der fortgesetzten Verbrüderung verschiedener Führungskräfte der Verwaltung bis hin zum Oberbürgermeister mit Czeranski und seinen Geschäftspartnern. “Ceranski denkt offenkundig, er habe gegenüber der Stadtgesellschaft einen Freibrief, weil er mit dem OB ganz dicke ist”, stellt Schmidt fest und verweist etwa auf ein gemeinsames, feucht-fröhliches Darts-Turnier von Tischler und Czeranski, Selbst aus der Verwaltung höre man inzwischen wiederholt, Czeranski & Co seien “Bottrops neue Könige” und führten sich entsprechend auf. “Unglaublicher Vorgang: Der Darts-Kumpel des Oberbürgermeisters erhält Hausrecht in der City: Wen Czeranski nicht mag, der fliegt raus. Wie in einer Bananenrepublik”, resümiert Schmidt.

„Merhaba“: Zeitverschwendung mit Ansage!

„Merhaba“: Zeitverschwendung mit Ansage!

Das geplante orientalische Einkaufszentrum im ehemaligen Hansa-Center wird nicht kommen. Für die Bottroper Sozialisten war das Projekt schon lange zum Scheitern verurteilt. Deshalb übt die Ratsgruppe jetzt Kritik am Oberbürgermeister.

“Die Bottroper Innenstadt braucht eine Reihe von Neuerungen. Dass so etwas wie eine Goldmeile, Luxus-Autos oder hochpreisige Hochzeitsausstattung nicht dazu gehören, haben wir vom ersten Bekanntwerden der Planungen an klargestellt” sagt Sven Hermens, Sprecher für Stadtplanung der Gruppe Bottroper Sozialistinnen und Sozialisten im Rat der Stadt.

BOT.Sozial hält es für einen richtigen Schritt, dass dieses Konzept so nicht umgesetzt wird. Ohnehin hätte ein monokulturell ausgerichtetes Einkaufszentrum keine guten Chancen in Bottrop gehabt, findet die Ratsgruppe.

Dazu Hermens: “Das gesamte Konzept, das sich um orientalische Hochzeiten herum aufbaut, steht und fällt mit dem großen Veranstaltungssaal für Hochzeiten. Seit bekannt war, dass es diesen nicht geben kann, musste allen Beteiligten klar sein, dass das Vorhaben scheitern wird. Die Haltung von OB Tischler, der bis zuletzt auch entgegen seiner eigenen Partei versucht hat, die Öffentlichkeit für “Merhaba” zu begeistern, und auch im Zusammenhang mit dem Bauantrag immer wieder seine Zuversicht kundgetan hat, fanden wir schon immer realitätsfremd oder zumindest naiv. Eine gerechtfertigte Annahme, wie sich jetzt gezeigt hat.”

Tatsächlich hat eine ansonsten ungewöhnliche, große Mehrheit der Bottroper Ratsparteien verschiedentlich Kritik an der Glaubwürdigkeit der Pläne für “Merhaba”, an Finanzierbarkeit, Umsetzbarkeit und möglichem Erfolg geäußert, darunter auch BOT.Sozial (vormals DIE LINKE).

“Tischler hat ohne erkennbare Gründe lieber die Märchen suspekter Investoren nach außen verbreitet, statt sich hinter die berechtigte Kritik seines Stadtrates, oder zumindest die seiner eigenen Fraktion zu stellen. Diese fragwürdige Haltung verbessert nicht gerade das gesellschaftliche Klima in Bottrop. Eine gut begründete, geschlossene Haltung der demokratischen Stadtgesellschaft dazu, einschließlich des ersten Bürgers der Stadt, hätte den Rechtsradikalen und ihrer Hetze viel Dynamik nehmen können. Diese Chance hat Bernd Tischler leider versäumt und hinterlässt stattdessen Zweifel an seinem Urteilsvermögen”, so Hermens.

BOT.Sozial fordert, am Ort des Hansa-Centers dringend benötigte Ergänzungen für die Innenstadt zu schaffen: Grünflächen und Naherholung, Angebote für Kinder und Jugendliche, nicht-kommerzielle Treffpunkte, Räumlichkeiten für Kultur und auch Wohnraum. “Die Zeiten großer Einkaufszentren sind schlichtweg vorbei“, finden die Sozialisten.

Protestaktion 28.04. 13 Uhr vorm Museum Quadrat

Protestaktion 28.04. 13 Uhr vorm Museum Quadrat

Oberbürgermeister Bernd Tischler will mit seinem Sparhaushalt wie eine Abrissbirne soziale und kulturelle Infrastruktur in Bottrop einreißen. Die Musikschule, der Übergang Schule/Beruf, der öffentliche Nahverkehr oder Artenschutz sind nur einige der Beispiele, wo am völlig falschen Ende gespart werden soll. Getragen werden diese Kürzungen auch von SPD und CDU.

Mehr Hintergründe und unsere Haltung zum Sparhaushalt gibt es in einer Sonderausgabe unserer Zeitung:

Wir nehmen den Verfall unserer Stadt nicht hin, Bottrop muss lebenswert bleiben!

Deshalb veranstalten wir diesen Sonntag um 13 Uhr vor dem Museum Quadrat eine Protestaktion. Der Oberbürgermeister wird anlässlich einer Ausstellungseröffnung vor Ort sein. Beim Museum soll auch gespart werden: Jede Woche einen Tag weniger öffnen.