Die Krise der Bundespartei der LINKEN hat nun auch lokale Auswirkungen: Die bisherige LINKE-Ratsgruppe macht mit unveränderter Zusammensetzung und Programmatik, aber mit neuem Namen weiter. Grund: Verschiedene Funktionsträger sind aus der Partei DIE LINKE ausgetreten. Die Ratsgruppe der Bottroper Sozialisten wird dennoch zusammenbleiben.
Der langjährige Bottroper LINKEN-Kreisvorsitzende Günter Blocks (65) hat jüngst seinen Austritt aus der LINKEN erklärt. Er begründet dies damit, dass DIE LINKE leider nicht einmal mehr ihren „Tagesaufgaben“ gerecht werde. Hierzu zählt seiner Meinung nach der Kampf für den Frieden, der Kampf gegen den Sozialabbau und angesichts des Aufstiegs der AfD ein erfolgversprechender Kampf gegen die faschistische Bedrohung. Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ bietet seiner Einschätzung nach „weit eher die Chance, wenigstens diesen Tagesaufgaben gerecht zu werden“. Neben Blocks sind zwei weitere langjährige Funktionsträger der LINKEN zum BSW übergetreten.
„Sämtliche Austritte verbindet, dass sich alle Bottroper Genossinnen und Genossen der engagierten und hervorragenden gemeinsamen Arbeit vor Ort weiter verbunden fühlen und diese gemeinsam fortsetzen wollen“, betont Blocks. Diese Ansicht teilt auch der Sprecher der Bottroper LINKEN-Ratsgruppe, Niels Holger Schmidt.
Er hat zum BSW allerdings eine deutlich andere Einschätzung: „Auch ich habe die seit einigen Jahren in der Parteiführung der LINKEN dominierende identitätspolitische Ausrichtung und die Konzentration auf Themen und Milieus weniger Metropolen gemeinsam mit Günter Blocks kritisiert und für die Konzentration auf Verteilungsfragen und die Tradition der Arbeiterbewegung gestritten.
Daraus aber den Schluss zu ziehen, BSW sei der bessere Ort für solche Ziele, kann ich nicht nachvollziehen. BSW will ausdrücklich keine Partei in der Tradition der Arbeiterbewegung sein, sondern eine ‚Volkspartei der Mitte‘, die besonderes Augenmerk auf den Mittelstand legt, also Unternehmen, die überdurchschnittlich oft tarifflüchtig sind, wie zum Beispiel die Bottroper ‚Fun City‘-Freizeitbetriebe. Das entspricht Zahlen des statistischen Bundesamtes, die zeigen, dass die Tarifbindungsquote im Mittelstand weit niedriger ist als in großen Unternehmen. Eine Partei, die solche grundlegenden Tatsachen ignoriert, ist für mich – trotz aller Kritik an der Führung meiner Partei – keine Option.“
Die ablehnende Haltung zum BSW teilt auch Ratsherr Sven Hermens, der bereits im Herbst 2022 aus Kritik an der Linie der Landes- und Bundesführung aus der LINKEN ausgetreten ist. „In meinen Augen wird die LINKE ihren klima-, außen- und sozialpolitischen Anforderungen nicht mehr gerecht und verstrickt sich fortwährend in Flügelkämpfe, statt notwendige inhaltliche und personelle Erneuerungen voranzutreiben”, so Hermens.
Alle Mitglieder der Ratsgruppe wollen die kommunalpolitische Arbeit aber gemeinsam und unverändert fortsetzen. Die Frage wurde am 21.2. ausführlich in einer Vollversammlung der Mandatsträger und Ausschussmitglieder der LINKEN diskutiert.
„Unser Maßstab bleibt unverändert das 2020 von der Bottroper LINKEN beschlossene Kommunalwahlprogramm, für das wir gemeinsam gewählt worden sind. Wir machen dieselbe Politik wie vorher. Darin sind sich alle Beteiligten einig“, stellt Hermens fest.
Eine Auswirkung haben die Austritte jedoch: Mittlerweile gehört nur noch die Hälfte der Mandatsträger und Ausschussmitglieder der Partei DIE LINKE an. Deshalb ist man in der Vollversammlung überein gekommen, als Ratsgruppe künftig unter dem Kürzel “BOT.SOZIAL” in Erscheinung zu treten. Der vollständige neue Name lautet dann „Bottroper Sozialistinnen und Sozialisten“.
Ratsgruppensprecher Niels Holger Schmidt, der Mitglied der LINKEN bleibt, macht deutlich: „Unsere politischen Gegner und Mitbewerber sollten sich nicht täuschen: Wir verschwinden nicht, sondern bleiben lautstarke linke Opposition im Rat. Wir setzen unseren Kampf für soziale Gerechtigkeit und Antifaschismus in Bottrop gemeinsam fort. Wir sind weder gespalten, noch zerschlagen, wie einige schon frohlocken. Ganz im Gegenteil: Wir bleiben geeint und lassen uns die Berliner Spaltung nicht aufzwingen.” Er halte die Spaltung in LINKE und BSW insgesamt weiter für einen historischen Fehler, betont Schmidt.
Die Parteistruktur der Bottroper LINKEN bleibt von der Namensänderung der Ratsgruppe unberührt. Kreisvorsitzende ist weiterhin Nicole Fritsche-Schmidt. Der Kreisverband bleibt über das Büro an der Brauerstraße erreichbar. Gleiches gilt für die Linksjugend, die weiter regelmäßig tagt und sogar deutliche Mitgliederzuwächse zu verzeichnen hat.